Friedensförderung ist einer der drei Armeeaufträge. SWISSINT in Stans-Oberdorf ist das Kompetenzzentrum der Schweizer Armee für die Friedensförderung im internationalen Rahmen. Oberst i Gst Alexander Furer gelang es im November 2022 die Mitglieder der OG Stadt Bern sofort zu fesseln. Der Kommandant lieferte Informationen, die nicht in der Presse stehen: Er stellte Unbekanntes und Neues vor und blickte in die Zukunft.

Nach einer kurzen Einführung informierte das Video „Peacekeeper weltweit“ über die aktuellen Missionen und Einsatzgebiete, in welchen sich Schweizer Armeeangehörige im Dienst der Friedensförderung engagieren. Es sind viel mehr als die bekannten Balkanländer. Eindrückliche Bilder zeigen riesige Länder und die Menschen, die dort leben. Die Distanzen sind denn auch eine der grössten Herausforderungen in einem Einsatz, kilometermässig und vor allem kulturell im Vergleich zu unserem überschaubaren eigenen Land.

Der Armeeauftrag Friedensförderung wird über verschiedene Ebenen umgesetzt: Die UNO oder OSZE stellen eine Anfrage auf Schweizer Beteiligung. Abhängig vom Einsatz entscheidet der Gesamtbundesrat oder das Parlament, ob und in welcher Form sich die Schweiz beteiligt. Wenn ja, erteilt die Politik der Armeeführung den Auftrag zur Umsetzung. Das Kompetenzzentrum SWISSINT in Stans-Oberdorf rekrutiert das Personal für die zukünftigen Einsätze und bildet dieses einsatzbezogen aus, beispielsweise für die NNSC in Korea, für die EUFOR oder SWISSCOY auf dem Balkan oder die Militärbeobachtermissionen. Bei der Besetzung der vielfältigen Funktionen im Bereich des zivilen Know-hows profitiert die Schweiz vom Milizsystem: Es gibt auf der Welt kein vergleichbares System, das so zweckmässig ist.

Der Kommandant SWISSINT hält steten Kontakt in die Einsatzräume und will wissen, wie es den Soldatinnen und Soldaten geht. Sein Stab verfolgt die Situation und somit die Risikolage in den Missionsgebieten und wenn sich diese verschärft, will er umgehend benachrichtigt werden, um allenfalls nötige Entscheidungen zu treffen.

Wie schnell sich die Sicherheitslage verschärfen kann, zeigte sich im Sommer 2022 in der Demokratischen Republik Kongo, wo Stabsoffiziere und Spezialisten im Bereich humanitäre Minenräumung im Einsatz stehen. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage brodelte es in der Bevölkerung. Sie richtete ihre Wut gegen die UNO-Truppen, deren Hauptaufgabe darin besteht, ein sicheres Umfeld zu schaffen. Der aufgebrachte Mob griff Personal und Infrastruktur in einem bisher unbekannten Ausmass an. Drohende Naturereignisse durch einen Vulkan ganz in der Nähe der Grossstadt Goma, der bereits Riesenschäden verursacht hat, verschärfen die Situation zusätzlich. SWISSINT war im steten Kontakt mit den Armeeangehörigen vor Ort, die glücklicherweise nicht zu Schaden kamen.

Generell sind die Schweizer überall willkommen, da sie keinen kolonialen Bezug zu den Einsatzländern haben und als neutral gelten. Dieser Umstand wirkt sich auf die Auftragserfüllung der Schweizer Soldatinnen und Soldaten vor Ort generell positiv aus. So hat der Militärbeobachter zum Beispiel die Aufgabe immer am Puls des Geschehens zu sein und das Gespräch mit der lokalen Bevölkerung zu suchen. Kommunikation hat viel mit Vertrauen zu tun und dieses muss im zunächst unbekannten Umfeld aufgebaut werden. Aufgrund der oft grossen Armut und andauernden bewaffneten Konflikten, die auf machtpolitischen, wirtschaftlichen und ethnischen Interessen beruhen, ist dies immer eine Gratwanderung.

Das Aufgabenspektrum in der Friedensförderung ist gross. Wie findet die Schweizer Armee immer wieder von neuem genügend Personal für die zahlreichen Funktionen? Dabei spielt die permanente Rekrutierung eine wichtige Rolle: SWISSINT verfügt über ein einsatzerfahrenes Personalmarketing Team, welches das ganze Jahr über an unterschiedlichen zivilen und militärischen Anlässen über die Friedensförderung informiert und Interessierten die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten aufzeigt.

Oberst i Gst Furer stellt die Zukunft der militärischen Friedensförderung vor, die grundsätzlich als wichtig und richtig erachtet wird. Hier sollte man jedoch von bisherigen Denkmustern wegkommen. Ein zweites Kontingent wird angestrebt, unabhängig von der Entwicklung im Kosovo, wobei das Militärgesetz enge Grenzen setzt. So ist zum Beispiel die Teilnahme an friedenserzwingenden Missionen nicht möglich, da die Schweizer Armeeangehörigen nur zum Selbstschutz bewaffnet sein dürfen. In Zukunft werden hochwertige Leistungen und Mittel wie Drohnen, Lufttransport oder spezielle Stabsfunktionen im Fokus stehen. Wir brauchen eine robuste Friedensförderung.

Die UNO verlangt von allen truppenstellenden Staaten eine grössere Anzahl weiblicher Angehöriger in den friedensfördernden Missionen. In der Schweizer Armee sollen deshalb die bisherigen Bedingungen für friedensfördernde Einsätze angepasst werden. Bereits läuft ein Pilotprojekt „Integration in die Milizarmee für Frauen". Es geht darum, dass Frauen, die einen friedensfördernden Einsatz geleistet haben, bei Interesse auch ohne abgeschlossene reguläre Rekrutenschule (RS) in die Milizarmee eingeteilt werden können. So kann zum Beispiel eine erfahrene Juristin in der Friedensförderung mit grossem Erfolg als Juristin eingesetzt werden, auch wenn sie keine reguläre RS absolviert hat. Ihr ziviles Know-how ist zentral und das erforderliche militärische Wissen wird ihr in der einsatzbezogenen Ausbildung vermittelt. Nach der Rückkehr in die Schweiz kann sie ihre im internationalen Rahmen gewonnenen Erfahrungen in die Milizarmee einfliessen lassen. Oberst i Gst Furer redete sich ins Feuer und überzeugte. Als Soldatin, gegebenenfalls als Fachoffizierin oder aber nach Integration in eine ordentliche Unteroffiziers- und Offiziersschule, - es gibt verschiedene Eingliederungsmöglichkeiten. Bundesrätin Viola Amherd unterstützt dieses Projekt und ab Januar 2023 soll die notwendige Revision der Gesetzesgrundlage dafür geschaffen sein.

Weiter werden die Altersgruppen, die sich als Peacekeeper engagieren können, nach unten und nach oben erweitert. So kann von Erfahrung, Wissen und Können von aus der Dienstpflicht Entlassener profitiert werden, während junge Menschen schon vor dem Studium angesprochen werden. Es geht nicht nur um Akademiker oder Offiziere, die zivil in der Chefetage arbeiten. Es braucht zahlreiche Handwerker aus den unterschiedlichsten Bereichen, Fachleute aus landwirtschaftlichen Berufen oder aus Dienstleistungssektoren. Englischkenntnisse sind für zahlreiche Funktionen allerdings Bedingung.

In den internationalen Kursen des Ausbildungszentrums SWISSINT sitzen immer auch Absolventinnen und Absolventen aus ausländischen Armeen. Sie nehmen das Gelernte in die UNO-Missionen mit, in denen sie eingesetzt werden. Damit profitieren die Missionen auch etwas von der schweizerischen Arbeitskultur und der gelebten Mehrsprachigkeit. Die Schweizer denken aktiv mit, warten nicht nur auf Befehle. Gibt es eine Wartezeit, packen sie etwas Anderes an.
Zum Abschluss präsentiert Oberst i Gst Furer eine Chronologie der bisherigen und aktuellen Missionen. Die meisten Einsatzgebiete befinden sich derzeit in Afrika. Der Referent geht nochmals auf die einzelnen Missionen ein betreffend wer, wo, warum und in welchem Bereich stationiert ist. Er fasst die Aufgaben der Friedensförderung zusammen, die personelle Vielfalt, die Einsatzmöglichkeiten für Miliz- und Berufsoffiziere. Ganz wichtig ist die Aufzählung der Chancen im Einsatz und welche Vorteile die internationale Zusammenarbeit und die Erfahrungen vor Ort für alle Beteiligten mit sich bringt. Es ist eine besondere Lebensschule.

Oberst i Gst Furer sprach so überzeugend, dass bei den Schritten zum Apéro mehr als einmal zu hören war: „Schade, bin ich über 65 Jahre alt, sonst würde ich mich noch einmal melden, sofort. Das ist eine sinnvolle Sache, die braucht es auch in der Zukunft.“ Es war ein überaus aufschlussreiches und spannendes Referat. Man sollte noch einmal 50 sein.

Four aD Ursula Bonetti
Chefredaktorin