Das Referat im August 2020 von Hptm Dominic „Slam“ Büchi über seine Erfahrungen als operationeller Test- und Militärpilot bot einen besonderen Einblick in seinen beruflichen Alltag, welcher die rund 50 Anwesenden sehr realitätsnah miterleben liess, was alles im trockenen Begriff „Projekt“ stecken kann.
Der Aufmarsch war in diesen besonderen Zeiten beachtlich: Brav maskiert und mit gereinigten Händen, zur Begrüssung Ellbogen ausgefahren. Hptm Büchi präsentierte sich passend zum Thema im Combi, also im Arbeitstenü. OT & E heisst Operationelle Erprobung (Testing) und Evaluation. Der Referent hat Aviatik studiert, hat die Ausbildung zum Linienpiloten, ist brevetierter Militärpilot und ist jetzt Operationeller Testpilot der Luftwaffe. Er ist sozusagen am Himmel zu Hause.
Um in einem Beschaffungsprojekt neue Systeme bei der Luftwaffe einzuführen, müssen diese verschiedene Erprobungen durchlaufen. Das Operationelle Testing ist der letzte Schritt bevor das System bei der Truppe eingesetzt wird. Die zentrale Frage ist: Was braucht der Kunde, also die Luftwaffe, die Armee? Das Team OT & E ist auch in den Weiterentwicklungen und Werterhaltungen der Systeme integriert.
Einmal beschafft, tauchen weitere Bedürfnisse auf, die sich im Verlaufe der Einsätze, oder auch nach Unfällen, ergeben. Auch das sind Projekte um die Systeme zu verbessern, zu ergänzen, vor allem nach einer gewissen Nutzungsdauer. Als Testpilot fliegt „Slam“ PC-7, PC-21 und F/A-18.
Ein Beispiel zeigt auf, wie wichtig oftmals Details sind. Das eigentliche Projekt war die Evaluation und Erprobung der GPS-Map für Piloten. Da kamen die Handschuhe ins Spiel, die bisher kein feines Antippen oder Wischen auf dem Tablet erlaubten. Andere Handschuhe musste gefunden werden, sonst bringt die Benutzung der GPS-Map ja nichts.
Immer wieder werden nicht nur Automobilisten sondern auch Piloten durch Laserstrahlen geblendet. Ein Projekt, das Hptm Büchi mitbearbeitet hat, sind spezielle Laserschutzbrillen. Seine Arbeit ist immer eine Zusammenarbeit mit Ingenieuren, Technikern und der Truppe. So ist es für ihn sehr wichtig, selber mitzufliegen. Zusammen mit den Kameraden will er den Puls fühlen, selber erfahren, weshalb es etwas braucht und wofür man eine Verbesserung benötigt. Nach dem tragischen Flugunglück am Sustenpass werden beispielsweise Systeme für den PC-21 entwickelt, die künftig solche Unfälle verhindern sollen. Auch Systeme zur Vermeidung von Kollisionen mit anderen Luftraumteilnehmern werden mitentwickelt und wo möglich in die Flieger der Luftwaffe eingebaut. Bei einem weiteren Thema welches angeschnitten wurde stellt sich die hochinteressante Frage:: Stören die Windkraftanlagen auf den Jurahöhen den Radar der Kampfflugzeuge?
Unsere Luftwaffe ist ein Element der Landesverteidigung. Im Ernstfall müssen Waffen eingesetzt werden. Wie wirkt sich Übungsmunition aus oder scharfe Lenkwaffen? Den Schuss der scharfen Lenkwaffen kann man nicht in der Schweiz üben. Dazu reisen die Piloten nach USA oder nach Nordschweden.
Hptm Büchi erklärte, was alles im Helm des Piloten an Technik drin ist. Er sieht über den Helm alles, was er über sein Flugzeug wissen muss. Nun gibt es aber auch Flüge unter erschwerten Bedingungen, wie Beispielsweise in der Nacht. Dazu gibt es Restlichtverstärker, Nachtsichtgeräte, die zusätzlich zum Helm getragen werden. Sie sind hilfreich, aber unglaublich schwer.
Schliesslich kommt dann auch noch das Verifikationsschiessen zur Sprache, wie Schützenpanzer 2000 auf fliegende Ziele schiessen. Der Luftzielmodus sollte nach der Werterhaltung des Spz 2000 auf seine Funktion überprüft werden. Auf einem Boden-Luft-Schiessplatz in der Schweiz wurde dies geübt, eine PC-9 mit einem Schleppsack war beteiligt. Dabei geht es auch um ein gemeinsames Denken Luftwaffe und Heer. Der Joint-Gedanke wird somit auch im Erprobungsumfeld gelebt.
Voll Interesse folgten alle Anwesenden den spannenden Ausführungen von Hptm Büchi. Und er traf den Puls, er kam an. Da war nichts von Distanz zu spüren, er vertritt seine Aufgaben bodennah, wie widersprüchlich das auch für einen Herr der Lüfte tönen mag. Es wurden noch viele Fragen gestellt; kompetent und kameradschaftlich beantwortete der Referent diese auf Augenhöhe. Die Wertschätzung drückte sich in grossem Applaus aus. Solche Werte will die Offiziersgesellschaft Stadt Bern erhalten und pflegen. Nach dem Dank des Präsidenten an den Referenten durfte beim Apéro angestossen werden und die offerierten, köstlichen Speisen fanden rasch ihre Geniesser. Plötzlich sind die Masken verschwunden, Hunger hat man trotzdem. Aufgrund von Corona wurden die Stehtische aber unüblich weit voneinander aufgestellt und die Personendurchmischung war minim. „Slam“, das Referat war etwas ganz Besonderes.
Four aD Ursula Bonetti