Mit 40 Teilnehmern am Referat von Oberst i Gst Robert Flück, Projektleiter Cyber der Armee, im Oktober 2021, im schönen Saal des Restaurants Schmiedstube, war die Offiziersgesellschaft Stadt Bern (OGB) zufrieden. Die Zertifikats-Eintrittskontrolle verlief problemlos und der Apéro durfte genossen werden. Cyber, ein Thema, das uns alle angeht, militärisch wie im Zivilleben.

Wenn Henning Mankels Kurt Wallander in einem Roman von 1998 mit Unterstützung eines jungen Hackers knapp einen Cyberschlag gegen die ganze Menschheit verhindern kann, in welchen die Weltbank, die Stromversorgung und IT verknüpft sind, denkt man: na ja, ein Roman eben. Das gibt es doch gar nicht.

Cyberbedrohung gibt es leider sehr wohl. Ob Bank, Versicherung, Bundesamt, Spital, Polizei, resp. deren Datenbanken, können gehackt werden und die Daten missbraucht. Hacker arbeiten weltumspannend. Wie man in der Schweizer Armee der Cyberbedrohung begegnet, sich dagegen wappnet, ist das Thema des Abends, durch das Oberst i Gst Robert Flück führt. Er arbeitet im Projekt „Kdo Cyber“ und bearbeitet mit seinem Team zurzeit die Gesamtkonzeption Cyber. Cyber Defence und Cyber Security sind heute Aufgaben der Führungsunterstützungsbasis (FUB). Die FUB ist für die Armee im Bereich Cyber für Aktionsplanung, Lageverfolgung, Ereignisbewältigung und Ausbildung der Mitarbeitenden und AdA verantwortlich. Die Gesamtkonzeption Cyber beschreibt die von der Armee benötigten künftigen Cyberfähigkeiten und bildet so die Grundlage für die Weiterentwicklung der Armee in diesem Bereich. Sie ist vergleichbar mit den Berichten Zukunft Bodentruppen und Luftwaffe. Sie ist auch eine Grundlage für den Aufbau des „Kdo Cyber“, welches ab 1. Januar 2024 operationell sein soll. Die Armee leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der Schweiz.

Robert Flück vertieft das Thema mit der Feststellung, dass es Aufgabe der Armee sei, sich selber zu schützen – durch Erkennen und Abwehren von Cyber-Bedrohungen. Im Konfliktfall muss die Armee in der Lage sein, mit Cyber Aktionen militärische Operationen zu unterstützen. In Friedenszeiten braucht es das Einverständnis des Bundesrates. Vor ENIGMA gab es bereits Kryptologen, bei uns mit einem starken Anteil Milizangehörige, also eigentlich ein schon lange bestehender Bereich der FUB. Schon Ende der 1980 Jahre gab es in der Armee eine Kompanie, die sich um Cyberthemen kümmerte, nur hat man das dannzumal nicht so genannt. Im Publikum ist das Erstaunen fast greifbar, ausser bei Angehörigen der „Silbergrauen“.

Nun präsentiert Oberst i Gst Flück den Cyberlehrgang und die Cyberausbildung in der Armee. Wer wird solche Cyber Lehrgänge absolvieren und wer wird dann in der Armee entsprechend eingeteilt? In jedem Rekrutenschuldurchgang bewerben sich rund 200 Interessierte, die 20 Besten werden in den Cyberlehrgang der Armee aufgenommen. Im Fach IT muss mindestens die Note 5 erreicht werden, um die entsprechende RS zu absolvieren. Oberst i Gst Flück freut sich: „Wir sind innovativ unterwegs!“ Es ist eine „coole“ Arbeit, es kommen unglaubliche Fähigkeiten zum Vorschein. Es braucht jedoch einen sehr stabilen Charakter. Aus diesen Spezialisten wird das Cyber Bat 42 neu gegründet. Dieses Bataillon unterstützt die Berufsorganisation und leistet detachementsweise Dienst. Es ist ein miliztaugliches System und kommt den Berufstätigen zugute.

Neu ist die Talentgewinnung für vordienstliche Cyber-Ausbildung. Wir kennen diese in Europa wohl einzigartige Möglichkeit, sich bereits vor der RS auf eine bestimmte Waffengattung vorzubereiten schon lange. Ganze Generationen künftiger Pontoniere, Übermittler, Sanitäter, Motorfahrer, auch Jungschützen, sind mit 16 bis 20 Jahre vordienstlich in anspruchsvollen Kursen und als Mitglieder der entsprechenden Fachvereinigungen (SPSV, EVU, SMSV und SVMMV) auf die künftige Militärpflicht vorbereitet worden. Die Schweizer Armee ist ein Qualitätssiegel.

Was ist alles möglich? Der praktische Dienst als Wachtmeister wird in der Armee absolviert oder bei Partnern der Armee, wie die Post, Polizei oder Betreiber kritischer Infrastrukturen. Die Ausbildung ist zivil anerkannt. Die Teilnehmer können die Berufsprüfung zum Cyber Security Specialist absolvieren. Ganz tolle Aussichten also, für fähige junge Leute! Selbstverständlich wird in der Ausbildung nicht in Echtzeit gearbeitet, mit echten Daten, sondern in Simulatoren, wie andere Truppengattungen teilweise auch. Man kann hier alles einspielen, was passieren könnte. Die Bedrohung bemerken, Zusammenhänge sehen, Schaden begrenzen, gegnerische Brandmauern (Firewall) überwinden um die Bedrohung zu bekämpfen.

„Wir sind im Aufbau“, so der Referent: „Es geht um die Fähigkeiten der Armee, was sie können muss, um Visionen. Wir lernen, die Daten anders zu verstehen und zu verarbeiten. Als Verteidiger muss man alles im Griff haben, der Angreifer muss nur die eine Schwachstelle finden, wo er eindringen kann. Es ist ein Fähigkeitswettlauf, es zählt immer nur das, was man wirklich kann.“

Oberst i Gst Flück überzeugt. Er beantwortet kompetent die Fragen aus dem Publikum. Man bedauert beinahe, nicht jünger zu sein, noch näher dran. Dann begibt sich die Gesellschaft wieder mehr in irdische Sphären, es duftet nämlich verführerisch nach Apéro-Gebäck und nach Risotto ai Funghi, gesponsert von der OGB. Dazu kann man ja intensiv weiter diskutieren …

Four aD Ursula Bonetti,
Chefredaktorin

  

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